Die Andere Seite der Welt

Awareness

Das Awarenesskonzept auf dem Festival

Was ist Awareness?

Der Begriff Awareness heißt übersetzt Bewusstsein und Achtsamkeit und kommt aus der linken, feministischen, antirassistischen Praxis – ist also durch aktivistische Arbeit entstanden. Für uns bedeutet Awareness einen wertschätzenden und respektvollen Umgang miteinander zu haben und diskriminierende, gewaltvolle Verhältnisse zu minimieren. Es soll eine sicherere Atmosphäre entstehen, in der sich grundsätzlich alle wohlfühlen können und persönliche Grenzen gewahrt werden. Um eine angenehmere, sicherere und respektvollere Atmosphäre für alle anwesenden Personen zu ermöglichen, gibt es das Awareness-Team. Das Awareness-Team setzt sich dafür ein, dass Grenzerfahrungen und -überschreitungen sowie Diskriminierungen jeder Art ernst genommen, ggf. thematisiert werden und die betroffenen Menschen eine sicherere, vertrautere Unterstützung erfahren. Ziel von Awareness ist es, konsensbasiertes Handeln zu fördern und Strukturen der Ausgrenzung und Ungleichheit abzubauen.

Facetten von Diskriminierung

Fast alle Menschen erleben mehr oder weniger oft Diskriminierung und/oder handeln selbst diskriminierend und gewaltvoll. Unsere Gesellschaft ist stark von
Machtdynamiken geprägt, sodass die Abwertung aufgrund von (zugeschriebenen) Merkmalen für viele keine Seltenheit ist. Es kann deutlich erkennbar sein, dass Benachteiligung wegen (vermeintlicher) Gruppenzugehörigkeit passiert. Sie kann auch unbewusst oder im Verborgenen stattfinden und nicht als Diskriminierung erkannt werden.
Übergriffe zeigen sich in Form von verbaler, körperlicher und psychischer Gewalt, wie zum Beispiel gemeinen Sprüchen, Beleidigungen, Belästigungen und Drohungen. Manchmal ist sie für Außenstehende kaum wahrnehmbar. Es können irritierende Blicke sein oder ein diffuses Gefühl, dass bestimmte Personengruppen ausgeschlossen wurden oder nur eingeschränkten Zugang zu einem Ort oder bestimmten Ressourcen haben.
Es gibt verschiedene Ebenen, auf denen Diskriminierung passiert. Diese hängen zusammen und beeinflussen sich. Diskriminierung findet beispielsweise auf der individuellen
Ebene, wie zum Beispiel zwischen Gast und Barmensch, Künstler*innen und der veranstaltenden Crew oder zwei Besucher*innen statt. Diskriminierung kann aber auch auf struktureller Ebene stattfinden, da die Benachteiligung oder Einschränkungen verschiedener Menschen nicht mitgedacht und dementsprechend beachtet werden: Es entstehen Barrieren. Awareness versucht Aufklärung und Verständnis für verschiedene Lebensrealitäten zu schaffen, Machtungleichheiten auszugleichen, Zugang zu ermöglichen, Betroffene zu schützen und (Re-) Traumatisierung vorzubeugen.

Wie arbeitet das Awareness-Team?

Das Awarenessteam arbeitet im Vorfeld durch Prävention und Sensibilisierung. Auf der Veranstaltung zeigt das Awareness-Team Präsenz, steht als Ansprech- und Vertrauenspersonen für Betroffene unterstützend zur Seite und bietet außerdem einen sichereren Rückzugsort. Nach der Veranstaltung reflektieren wir Schwierigkeiten und Konflikte und sammeln Verbesserungsvorschläge für kommende Veranstaltungen.

Prävention und Sensibilisierung

Das Awareness-Team ist Teil der Orga-Crew, ist also nicht extern organisiert. Dies bedeutet, dass eine Abgrenzung von den Organisierenden ggf. nicht immer garantiert werden kann. In Vorbereitung auf das Festival nimmt das A-Team an Planungstreffen teil und versucht die jeweiligen Verantwortlichen für ihre Teilgebiete zu sensibilisieren und darauf hinzuweisen, wie diese mit verschiedenen Diskriminierungsformen konfrontiert werden können, und wie sie diesen schon im Vorfeld begegnen können (z.B. sind die Toiletten barrierefrei, gibt es Toiletten für alle Geschlechter, etc.).
Zu der Sensibilisierung des gesamten Orga-Teams gehört auch ein individueller Privilegien-Check und eine interne und evtl. auch externe Weiterbildung. Das Einsatz-Team auf dem Festival besteht aus freiwilligen Helfer*innen, die auf dem Festival für die Besuchenden ansprechbar sein werden. Im Vorfeld des Festivals wird mit dem Einsatz-Team außerdem eine intensive Einführung in Awareness-Arbeit durchgeführt.
Aus dem Wissen heraus, dass es weder dem Awareness-Team noch den anderen Orga-Mitgliedern möglich ist alle Formen der Diskriminierung zu kennen und mitzudenken, gibt es für die Besucher*innen die Möglichkeit das Team im Vorhinein zu kontaktieren, Anregungen zu geben und Fragen zu stellen: awareness(ät)dieandereseite.eu

Des Weiteren möchten wir auch in der Vorbereitung für ein bewusstes Miteinander einstehen. So sind wir ansprechbar für die Personen aus dem Orgateam und die Helfenden, um Kommunikationsschwierigkeiten, individuelle Ressourcen und Grenzen und andere individuelle Themen ernst zu nehmen, ihnen Raum zu geben und anzusprechen. (Bei Bedarf auch anonym.)

Präsenz auf dem Festival

Während des Festivals gibt es einen Schichtplan für das Awarenessteam. Die Schichten sind je nach Uhrzeit entweder 3 oder 4 Stunden lang und mit 2-5 Menschen besetzt, davon min. eine FLINTA*-Person. Diese Personen sind nüchtern und werden durch eine Weste und einem großen A auf dem Rücken gekennzeichnet sein. Sie werden sowohl über Funk erreichbar sein, als auch über eine Handynummer, welche überall auf dem Gelände sichtbar ausgehängt sein wird. Das Awarenessteam wendet grundsätzlich keine Gewalt an. Sollte in einer Konfliktsituation Bedarf bestehen, wird es sich Unterstützung bei dem FLINTA*Securityteam holen. Außerdem sind Personen der Awareness-Orga im Hintergrund erreichbar für das Awarenessteam.
Während eine Person im Safer-Space auffindbar ist, wird es ein bis zwei Personen geben, die über das Gelände und die Camping-Area gehen, ansprechbar sind und sich bei Bedarf erkundigen, ob alles okay ist. Diese Personen sind abrufbereit, das bedeutet, sie können sich jederzeit von ihrer Aktivität lösen (zum Beispiel einem Konzert) und halten sich dort auf, wo sie das Handy oder Walkietalkie hören können.

Safer-Space

Der Safer-Space ist ein Raum der Ruhe und Sicherheit. Er befindet sich zwischen Apfelgarten und Hauptbühne, gegenüber der Trattoria bzw. der Tanzhalle und ist deutlich erkenntlich gemacht. Dort befinden sich Ansprechpersonen und er gibt die Möglichkeit zur Erholung, sich vom Festivalgeschehen zurückzuziehen und sich neu zu sortieren. Der Raum ist bewusst als sicherer Rückzugsort geplant und keinesfalls ein weiterer Chill-/Abhäng-Ort. Zugang haben Personen die gerade akuten Bedarf haben. Es ist geplant, dass immer eine Person des Einsatz-Teams im Safer-Space aufzufinden ist. Sollte einmal doch niemand anwesend sein, so wird eine Person in Kürze wiederkehren. Die Nummer des Awareness- Handys ist sichtbar. Es gibt Tee, Süßigkeiten und warme Decken, die selbstständig genutzt werden können.

Wer kann sich an das Awareness-Team wenden?

An das Awareness-Team können sich vor dem Festival alle Menschen wenden, die Anliegen oder Bedenken bzgl. des Festivals haben oder weitere Ideen für die Umsetzung der Awareness-Arbeit haben.
Auf dem Festival kann das Einsatz-Team von allen Menschen in Anspruch genommen werden, die sich, egal aus welchen Gründen, unwohl, allein gelassen, diskriminiert oder bedroht fühlen und sich Unterstützung wünschen.

Feedback und Nachbereitung

Awareness verstehen wir als einen Lernprozess. Wir sind während des Festivals aber auch davor und danach offen und zugänglich für Kritik und Feedback. Vor Ort gibt es ein anonymisiertes Dokumentationssystem, damit dieses nicht verloren geht. Diese Dokumentation beinhaltet sowohl Feedback und Kritik, es werden aber auch die an das Awarenessteam herangetragenen Situationen dokumentiert. Dies dient der Aufarbeitung nach dem Festival: Nachbearbeitung und eventuelle Unterstützungsangebote für die Betroffenen, Reflexion und Nachbereitung für die Teammitglieder, sowie dem Blick auf das nächste Festival. So stellen wir sicher, dass Themen sichtbar werden und bleiben. Das Awareness-Team und auch das restliche Orga-Team sind sich bewusst, dass Fehler passieren können und werden, doch wir sind lernwillig und möchten für unsere Fehler Verantwortung übernehmen und offen und ehrlich dazu stehen. Kritik und Feedback kann auch im Nachhinein mündlich oder über eMail an das Awareness-Team herangetragen werden: awareness(ät)dieandereseite.eu